die auflösung des bauhauses in berlin und die emigration von bauhäuslern

 

1.       die institutionsformen des bauhausnachfolgers in chicago
1. 1.     die gründung des “new bauhauses”
1. 1. 1.   das ausbildungsprogramm
1. 1. 2.   die finanzielle situation des “new bauhauses”
1. 2.     die gründung der “school of design”
1. 2. 1.   die situation des institutes im 2. weltkrieg
1. 3.     “institute of design”
1. 3. 1.   die ära “serge chermayeff”
1. 4.     angliederung des id an das illinois-institute of technologie
1. 4. 1.   das id unter crombie taylor
1. 4. 2.   personelle veränderungen am id
1. 4. 3.   der einzug in die “crown-hall”
2.       die verschiedenen direktoren (personalordnung)
2. 1.     laszlo moholy-nagy
2. 1. 1.   wer, wie, was
2. 1. 2.   allgemeine standpunkte zur pädagogik
2. 1. 3.   unterrichtsaufbau
2. 1. 3. 1. der vorkurs
2. 1. 3. 2. die spezialwerkstätten
2. 1. 4.   kriegsbedingte unterrichtsanpassung
2. 1. 5.   über das unterrichtsprogramm hinausgehende aktivitäten
2. 1. 6.   herausragende lehrerpersönlichkeiten
2. 2.     serge chermayeff
2. 2. 1.   änderungen in unterrichtsaufbau
2. 3.     crombie taylor
2. 3. 1.   einführung der kunsterziehung
2. 4.     jay doblin
2. 5.     mies van der rohe
2. 6.     ludwig hilbersheimer
3.       der entwicklungsverlauf und die verbreitung des “bauhäuslerischen gedankengutes”
4.       quellenverzeichnis – siehe archiv –
         

 

 

 

die stadt, die jedoch die rechtmäßige nachfolgeinstitution des bauhauses beheimaten sollte, war chicago, als zweitgrößte stadt der usa. sie beanspruchte im letzten drittel des jahrhunderts für sich ein “mekka” der architektur gewesen zu sein, denn berühmte architekten wie jenney, burnham, rot adler, sullivans und f.l. wright hatten das gesicht der stadt geprägt.

in den dreißiger jahren war eine deutliche stagnation auf dem kunstsektor eingetreten. aus diesem grunde hatte die association of arts and industries den versuch unternommen, im rahmen eines kunstinstitutes dieser misere ein ende zu setzen, was jedoch nicht nur durch die finanzielle situation scheiterte. die aai trennte sich von dem kunstinstitut und beschloss nun, eine eigene unabhängige schule aufzumachen. aus diesem grunde schrieb die geschäftsftührerin norma k. stahle walter gropius an, der ihr moholy-nagy empfahl, welcher dann 1937 in die vereinigten staaten übersiedelte.

 

 

 

  

wie lebte das bauhaus in den usa weiter ? 

 

 

 

1. die institutionsformen des bauhaus nachfolgers in chicago


1.1. die gründung des “new bauhauses”

am 18.10.37 wurde in einem ehemaligen vornehmen viertel der stadt “ the new bauhaus” von laszlo moholy-nagy eröffnet und zwar als non profit unternehmen, getragen von der association of arts and industries (aai) wobei walter gropius als berater fungierte.

als positive resonanz auf die existenz des “new bauhauses” konnte man in den usa ein anwachsen ähnlicher bildungsstätten verzeichnen, an denen einige aus deutschland emigrierte bauhäusler wirkten.

 

1.1.1. das ausbildungsprogramm

der werkstattleiter hin bredendieck erweiterte die von moholy und albers im deutschen bauhaus entwickelten lehrpläne des zweisemestrigen grundkurses um neue instrumente und materialien.

in diesem grundkurs ging es moholy darum, dass der student frei und ohne hindernisse mit diversen materialien arbeiten und neue entdecken konnte. es wurden keine fertigen gegenstände als resultate erwartet, sondern das individuum sollte von seiner konventionellen denkweise befreit werden.

richtlinien für die andersartigen amerikanischen verhältnisse wurden in einem ergänzungskurs entwickelt und der grundkurs wurde auf ein hochschulniveau gebracht. zusätzlich zu der werkstattarbeit, die die individuell von den studenten gewählte spezialausbildung gewährleisten sollte, führte man weitere wissenschaftliche disziplinen ein. die aufbauende weiterbildung zum architekten erfolgte im fünften und sechsten schuljahre. dieses verfeinerte lehrprogramm entsprach in seinen grundzügen das des bauhauses von 1926.

 

1.1.2. die finanzielle situation des “new bauhauses”

was die finanzielle situation betraf, stand die schule auf einem wackeligen fundament. man hatte dem direktor bei der unterzeichnung seines vertrages zwar versichert, dass eine gewisse summe zur verfügung stand, jedoch nichts über die finanzquellen gesagt. der jährliche etat der aai war auf einer spendenbasis von aufgetackelten industriellen mäzenen aufgebaut, die sich sogar in die internen vorgänge der schule einmischen wollten und später sogar versuchten, durch gerüchte moholy bei der studentenschaft in misskredit zu bringen.

im frühjahr '38 kam es offen zu tage. die aai war nicht in der lage, dass benötigte geld aufzutreiben, was durch angebliche fehlspekulationen und durch fallende börsenkurse bedingt war, außerdem war der direktor für die organisation sowieso eine äußerst unbequeme persönlichkeit, weil er konsequent darauf bestand, dass die erstellung eines lehrprogrammes einzig und allein in den händen des lehrkörpers liegt.

aufgrund der finanziellen situation nahm der energische direktor die geschicke der schule selbst in die hand und reiste viele firmen zwecks unterstützung an, was zu dieser zeit ein schwieriges unterfangen war. trotz dieser aktivität wurde das institut gegen ende '38 durch die aai geschlossen. das lehrpersonal erhielt abfindungen in form von mobiliar.

hier wird vor allem deutlich, dass der board übersehen hat, dass ein experiment eine anlaufzeit braucht, ein erfolg materieller art kein leistungskriterium ist und ein versuch niemals ohne finanzielle rückendeckung gemacht werden kann.

 

1.2. die gründung der “school of design”

durch die eigeninitiative von moholy-nagy wurde auf unconventionelle art, zu beginn des jahres '39 das institut “school of design” in seinem badezimmer, zusammen mit seiner frau sibyll, aus der taufe gehoben.

walter gropius, ein new-yorker verleger, der leiter des museums of modern art und der philosoph dewy boten dem institut ihre moralische unterstützung an.

in einem heruntergekommenen gebäude des hauses east ontario-street fand das new bauhaus eine neue unterkunft. textzitat sibyll moholy-nagy:

 

“man mußte schon begeistert sein, um nicht vorher entmutigt zu werden. ein lebensmittellager, das vor jahren hier untergebracht worden war, hatte bankrott gemacht und beim auszug sämtlichen unrat stehen gelassen. die kakerlaken hatten sich zu einer neuen spezies entwickelt; sie waren über fünf cm lang und zwei cm breit und rührenderweise fast zahm”.

 

alle einrichtungen wurden selbst erbracht und als wertvollstes stellte moholy-nagy seine fotoausrüstung zur verfügung. aufgrund eines rundschreibens kamen dann auch wieder studenten – 18 vollzeit – und 28 abendkursteilnehmer  – .

die betonung des des programms lag im new bauhaus auf dem elementaren und nicht auf der komplexität, es sollte unverändert von der vorgängerinstitution übernommen werden.

abendklassen ermöglichten vielen die entwicklung von eigenen kreativen fähigkeiten. zudem gab es auch eine kinderklasse und ferner auch ferienkurse, die im freien stattfanden.

mit rücksicht auf die baulichen besonderheiten des schulgebäudes mussten die vorlesungen so geplant werden, dass sie nicht mit den arbeiten in den werkstätten zusammengerieten. eine gesamtintegration entwickelte sich aus diesen umständen und bezog jeden studenten in die gesamtsphäre der schule ein.

gegen ende 1939 war erreicht worden, dass die grundausrüstung für die werkstätten stand, ohne dass auch nur ein einziges gerät gekauft worden war. das beruhte auf materialspenden seitens der amerikanischen industrie, die ein starkes und offenes interesse an technologie und konstruktion zeigten.

  bei nationalen textilwettbewerben gewann die school of design viele preise und jeden winter wurde ein kostümfest veranstaltet, bei dem die besten ausgezeichnet wurden. als oberste leistung jedoch konnte das institut zwischenmenschliche beziehungen, die das bewusstsein aller beteiligten erreicht hatte, verbuchen.

  der direktor bewies sich und seinen mitarbeitern, dass die verantwortung für die erziehung einzig und allein beim lehrkörper lag und dass die kraft der persönlichen inspiration nicht durch materielle hilfe ersetzt werden kann.

zu jener zeit stiegen auch einige mäzene aus, von denen einzig und allein der industrielle walter paepcke, präsident der container corporation of amerika einer der treuhändler des ursprünglichen aai übrigblieb.

er stellte ihnen auch das sommergebäude, die farm “rumney place” bei somonauk (illinois), als sommerschule zur verfügung, welches ausschließlich durch die initiative von sibyll moholy-nagy als bildungsstätte verwirklicht werden konnte. diese aufrecht zu erhalten, war für sie ein schwieriges unterfangen, weil viele studenten mit großen individuellen problemen dorthin kamen. die ersten ergebnisse waren so entmutigend, dass diese sommerschule geschlossen wurde. eine neue wurde dann nach dem bauhausmuster am mills college in okland gegründet. im laufe der zeit kam es dazu, dass die höheren semester auf dem lande und die unteren semester wegen der werkstätten in cicago arbeiteten. 1944 musste die sommerschule bedingt durch den krieg, weil die lehrkräfte fehlten, schließen.

 

1.2.1. die situation des institutes im 2. weltkrieg

1942, durch amerikas eintritt in den 2. weltkrieg wurde das institut von vielen lehrern und schülern verlassen, so u.a. auch von dem architekten f. keck, der sich seinen persönlichen bauaufgaben widmen wollte.

durch den krieg wurde auch die konzeption auf diese veränderte lage umgestellt. die entwicklung eines tarnungsschemas für chicago, hölzerne sprungfedern und eine arbeitstherapie für kriegsversehrte sowie die rehabilitation derselben durch die entfaltung der sensuellen fähigkeiten, zeugten davon.

trotz der schwierigen finanziellen situation, hatte sich die schule gut entwickelt und die erste klasse von sieben studenten schloss das studium mit dem grad des “bachelors of art” ab.

 

1. 3. “institute of design”

1944 wurde von chicagoern geschäftsleuten der “board of direktors” ins leben gerufen, um moholy-nagy von seinen finanziellen sorgen zu entlasten. zur erreichung eines colleges charakters wurde der name der schule in “institute of design” umbenannt. durch den krieg wurde die schülerzahl noch mehr reduziert und die restlichen studenten wollten rasch den abschluss machen, um schnell geld zu verdienen.

1945 wollte der board dann aufgrund dieser schwierigkeiten kapitulieren. als moholy-nagy erklärte, auch ohne ihn weiter zu arbeiten, kamen wieder mehr studenten und der board blieb somit im amt.

dank des staatlich geförderten veteranenkurses hielt der studenten-ansturm auf das institut weiterhin an. dieser veteranenkurs war pädagogisch nicht ganz unproblematisch, aber er bedeutete natürlich eine gute existenzgrundlage für das bestehen der institution.

weil das gebäude in der ontario street andersweitig verkauft wurde, zog das institute of design zuerst in die north state street, wo es nur kurz blieb und danach in die verkommenen alten gebäude der historical society an der north dearborn street.

das lehrpersonal setzte sich aus ehemaligen schülern zusammen, die wegen der großen studentenschaft mit enormen schwierigkeiten zu kämpfen hatten, was in den jahren davor nicht der fall gewesen war, weil die gruppenfrequenzen geringer waren.

am 24.11.1946 starb moholy-nagy 51 jährig an den folgen seiner erkrankung. nach seinem tode blieb walter gropius auch weiterhin als berater tätig. um das institute of design lebendig zu erhalten, lud man, wie zu moholys zeiten viele gastdozenten ein.

 

1.3.1. die ära “serge chermayeff”

beraten von walter gropius berief paepcke als chairman des board, den aus russland stammenden serge chermayeff 1947 auf den direktorenposten.

schon bald hatte das institut mit neuen problemen zu kämpfen, die zum einen durch das auslaufen des veteranenprogramms bedingt war, wodurch die anzahl der studenten geringer wurde und zum anderen durch persönliche spannungen innerhalb des institutes.

unter chermayeff wurde das vorkursprogramm im sinne moholys weiter ausgebaut und auf drei semester ausgedehnt, das werkstattprogramm wurde dagegen von drei auf fünf werkstätten erweitert, so dass lediglich das studio – skulptur, malen, zeichnen – , architektur, fotografie (incl. film), produktdesign und visualdesign – später auch visualkommunikation – blieben.

ganz im sinne moholys verstand man im institute of design unter architektur ausschließlich die behausung des menschen – shelter-design – vom wohnhaus bis hin zum gesellschaftsbau, aber keine repräsentationsarchitektur.

von den ehemaligen studenten traten etliche wieder in den lehrdienst des institute of design und wie auch schon im alten bauhaus wurde das lehrpersonal aus den eigenen reihen ergänzt, wodurch der unterricht stabilisiert wurde.

 

1. 4. angliederung des ‘institute of design’ an das ‘illinois institute of technologie’

durch das absinken der studentenzahlen und durch den verstärkten wunsch, zum abschluss einen akademischen grad zu erhalten, wurde das institute of design im dezember 1949 an das illinois institute of technologie (iit) angeschlossen.

zu dieser zeit behielt das institute of design noch seine eigenständigkeit. bis dahin war auch im prinzip das stadium des kühnen experiments abgeschlossen, bis auf die architektur-abteilung unter dem poelzig schüler konrad wachsmann, wodurch die schule einen neuen akzent verliehen bekam.

bis ende 1951 blieb chermayeff auf den direktorenposten. danach erhielt er einen lehrauftrag am massachusetts institute of technologie und kam danach an die harvard uni, wo er bis 1952 blieb. von dort aus wechselte er zur yale-universität nach new haven, wo er auch lebte.

 

1.4.1. das institute of design unter crombie taylor

nach chermayeffs ausscheiden sprang crombie taylor als acting-direktor ein, er hatte an dem institut einen schwierigen stand, bedingt durch konflikte angefeindeter interessengruppen. seiner schwierigen aufgabe kam er aber mit umsicht nach. unter ihm ist bemerkenswertes geleistet worden.

 

1. 4. 2. personelle veränderungen am institute of design

1955 wurde jay doblin gegen den widerstand der fakultätsmitglieder, die berechtigterweise um das erbe moholys bangten, auf den direktorenposten berufen. eine beträchtliche anzahl von studenten und lehrer gingen daraufhin von dem institut ab. unter dem lehrpersonal waren: crombie tylor, der später einem ruf an die universität of southern californina la folge leistete, ferner konrad wachsmann, charles forberg, hugo weber, harold cohen und peter selz, wodurch die “moholygruppe” wesentlich geschwächt wurde.

peter selz war später am museum of modern art tätig und folgte danach einem ruf an die universität of s. california la.

 

1.4.3. der einzug in die “crown-hall”

am 30.4.1956 wurde die von mies v. d. rohe entworfene “crown-hall” des iit offiziell eröffnet. in ihr wurden drei abteilungen aufgenommen, die ideell und personell im wesentlichen vom bauhaus abstammten und nun eine abteilung des designbereiches darstellten.

die erste abteilung war das department of “architektur”. sie stand unter der leitung von mies v.d. rohe. für das department “city -and regionalplanning” zeichnete sich ludwig hilbersheimer verantwortlich, der auch gleichzeitig in mies v.d. rohes abteilung lehrte. in beiden seminaren hat w. peterhans bis zu seinem tod 1960, den elementar-unterricht für architekturstudierende erteilt.

das “institute of design” war die dritte abteilung in der “crown-hall”. die abteilungen für architektur und für städtebau konnten als die eigentliche rechtmäßige fortführung des bauhauses der späteren dessauer und berliner phase betrachtet werden.

obwohl der charakter der bauhaus-nachfolge dadurch unterstrichen wurde, dass die drei abteilungen einschließlich des institute of design unter einem dach zusammengebracht worden waren, ist anzunehmen, dass das institute of design eine gesonderte abteilung war und keine gegenseitigen befruchtungen zwischen ihr und den anderen abteilungen stattfanden.

dadurch, dass das institute of design auf eine eigene architekturabteilung verzichtet hatte und auch das “shelter design” auslief und sogar ganz aufgegeben wurde, war eine wesentliche verkleinerung des programmangebotes eingetreten. denn nun bezogen sich die aufgaben im wesentlichen auf product-design, visual-design und kunsterziehung (art education), wodurch den studierenden nur noch ein geringer teil von dem, was vorher unter moholy war, zur verfügung stand.

zu beginn der 60er jahre schrumpfte in der crown hall die bauhausgruppe am institute of design weiter zusammen. so schied auch der maler richard koppe aus, der dem institut schon seit beginn angehörte und ab 1946 dort gelehrt hatte. er wurde 1965 am art departement zum “professor of art” ernannt, wo er malerei lehrte. ferner gingen eugene dana und herbert pinzke vom institut ab.

1969 verließ jay doblin das institute of design, um wieder praktisch zu arbeiten. seine nachfolger waren james s. montague bis 1973 und benjamin de brie taylor.

 

 

2. die verschiedenen direktoren


2.1 laszlo moholy nagy (1937 – 1946)

 

2.1.1. wer, wie, was

1895:  dass er in ungarn geboren ist, erscheint wichtig, da ungarn und österreich das bindeglied und reibepunkt zwischen west-und osteuropa darstellt.

1914:  lazlo moholy-nagy ist autodidakt, seine ersten skizzen entstehen während eines lazaretaufenthaltes im ersten weltkrieg. dort schreibt er auch das gedicht “lichtvisionen”, das praktisch zum roten faden – heute würde man sagen konzept – seiner gesamten werke wird.

1918:  nach ende des krieges arbeitete er als freischaffender künstler in budapest. beeinflusst vom konstruktivismus, suprematismus – el lissitzky – und zeitgenössischen ungarischen malern – kubismus – schloss er sich der progressiven künstlervereinigung “ma” an. ma versucht die ideen der revolution in der kunst zu verwirklichen. lazlo moholy-nagy war zwar ein mann der linken, aber nicht im engen politischen sinne. später glaubte er, die gesellschaft durch die moderne technik und durch die kultur verändern zu können. seine zeichentechnik, gleichzeitig dynamisch wie expressiv, entwickelt sich von der linienbetonung zu einer stärkeren schematisierung – mit klar gegliederten farbflächen – .

“die kunst und die wirklichkeit hatten in den letzten 100 jahren nichts gemeinsames. die persönliche genugtuung des künstlers ein kunstwerk zu schaffen, hat nicht zum glück der masse beigetragen.”

tagebuchnotiz vom 15. mai 1919 aus sybil moholy-nagy: lazlo moholy-nagy, ein totalexperiment.

 

“alle menschen sind gleich vor der maschine. ich kann sie so gut benutzen wie du es kannst. sie kann mich so gut töten wie sie dich töten kann. die technik kennt weder tradition, noch klassenbewusstsein. jeder kann meister oder sklave der maschine sein.”


auszug aus einem artikel von lazlo moholy-nagy in ma – zeitschrift der bewegung ma – mai 1922.
in laszlo moholy-nagy, ein totalexperiment.

 

1919:  nach dem niedergang der räterepublik emigriert lazlo moholy-nagy wie viele seiner kollegen zuerst nach wien und dann nach berlin.

1920:  in berlin internationale künstlerszene; wie industriemetropole trifft er nicht nur neue künstlerpersönlichkeiten aus ost und west, sondern auch seine spätere frau lucia. durch sie lernt er die photographie als künstlerisches medium kennen. gleichzeitig mit man ray und anderen zeitgenossen entwickelt er photogramm, photomontage und andere photographische techniken zur künstlerischen ausdrucksform. die leitbilder der industrialisierung bestimmen den inhalt seiner werke, – stadt, brücken, zahnräder – in denen sich nun auch einflüsse des dadaismus bemerkbar machen – kollagen – .

1921:  bei künstlerkongressen in düsseldorf und weimar macht er die bekanntschaft von van doesburg – de stijl – , schwitters, gabo, arp und gropius. neue materialien und techniken beschäftigen ihn. so malt er auf transparenten kunststoffträgern, verwendet holz, glas, kupfer, zink, eisen und andere verchromte metalle für seine statisch wirkenden skulpturen. – wechselnde lichtspiele entstehen bei bewegung des betrachters um das objekt – . er gibt per telefon die anweisung für seine “telefon bilder”, worin seine forderung nach der reproduzierbarkeit des kunstwerkes, ihren praktischen niederschlag findet.

 

“das malen mit pinsel und leinwand wird zwar seine historische bedeutung behalten, früher oder später jedoch seine exklusivität verlieren. in einem industriellen zeitalter, kann man nicht mehr kunst von nichtkunst, handarbeit von maschinenproduktion absolut unterscheiden. malerei, photographie, film oder lichteffekte gleich welcher art dürfen nicht einzeln den anspruch des absoluten kunstmediums erheben.”

 

“1922  bestellte ich per telefon bei einem schilderfabrikanten fünf bilder aus emailliertem porzellan. ich hatte die farbmuster des fabrikanten und meine, auf milimeterpapier gezeichneten skizzen vor mir liegen und gab meinem gesprächspartner am anderen ende der leitung die koordinaten der verschiedenen farbflächen durch.”
auszug aus the vision and abstract of an artist, s. 79.

1923:  wird er an das bauhaus in weimar berufen, wo er zuerst die metallwerkstätte und später den vorkurs leitete. die dort durchgeführten versuche mit verchromten und perforierten metallteilen, sowie die studien von ludwig hirschfeld-mack – mit farbig, kinetischen projekten die die wirkung abstrakter farbfilme vorwegnahmen – , haben zweifellos seine arbeit am “lichtrequisit” beeinflusst. bei lazlo moholy-nagy “lichtrequisit” – entwickelt 1922, vollendet 1930 – handelt es sich um eine metallkonstruktion, die durch einen elektromotor in langsame rotation versetzt werden kann. die einzelnen teile führen komplizierte, zum teil gegenläufige bewegungen aus. die auf die verwendungsmöglichkeit im theater hinweisende bezeichnung wurde 1929 – 1936 aus rücksicht auf die, an der finanzierung der entwicklungsarbeit beteiligte elektroindustrie, der ein praktischer nutzen willkommen gewesen wäre, gewählt. in publikationen findet man diese erste grosse kinetische plastik der kunstgeschichte jedoch unter dem titel “licht-raum-mo-dulator”.

1925:  das bauhaus zieht nach dessau um. mit walter gropius arbeitet lazlo moholy-nagy an der herausgabe der bauhausbuchserie, darunter auch zwei von ihm verfasste titel: “malerei, photgraphie, film” – 1925 – und “vom material zur architektur” – 1929 – . seine umschlagentwürfe, prospekte und layouts sind zu “exempeln” moderner werbegraphik geworden. klar konturierte schriften, eine übersichtliche ordnung im layout und die verschmelzung typographischer und fotographischer elemente zu einem homogenen bild, zeichnen seine arbeiten aus.

1925 – 1930:  lazlo moholy-nagy ist praktisch einer der ersten künstler der die photographie als künstlerische ausdrucksform entdeckt. was ihn vor allem interessiert sind die plastischen qualitäten, die das phänomen licht, mit dem er nun direkt arbeiten kann, auf dem zelloloidfilm hinterlässt. mit techniken wie zb. der doppelbelichtung, dem übereinanderkopieren verschiedener aufnahmen und der negativvergrösserung wurden effekte der expression und abstraktion erzielt. um die aussagekraft plakativ zu steigern, kombinierte moholy-nagy in einem – etwas irreführenden – “fotoplastik” benannten verfahren, teile von fotos mit gezeichneten und gemalten elementen. – vor allem für werbegraphische zwecke bot sich die verbindung an – . die möglichkeit, sich der verwirklichung einer dynamischen und sozialbewussten gestaltung noch dichter anzunähern, sah lazlo moholy-nagy im film. mit seinen optischreichen und erlebnisintensiven kurzfilmen “marseille” 1926, “berliner stilleben” 1927, “lichtspiel schwarz-weiss-grau” 1930 und “großstadt-zigeuner” 1931 wurde er zu einem der wegbereiter der kulturfilmarbeit.

1928:  unter dem immer stärker werdenden politischen druck verlässt lazlo moholy-nagy das bauhaus und kehrt nach berlin zurück, wo er eine brillante karriere als bühnendekorateur startet (in der avantgardistischen kroll-oper und später an der piscator-bühne). die bühnengestaltung bedeutete für lazlo moholy-nagy primär praktisches arbeiten und experimentieren mit dem licht. in einem beitrag zu dem von ihm gemeinsam mit schlemmer edierten bauhaus buch über “die bühne im bauhaus” entwarf er seine vorstellungen von einer aktuellen bühnengestaltung, die weiterführen sollte zu einem “theater der totalität”.

1930:  trifft er sibylle pietzsche, die er später heiratet. (erwähnenswert, da sybille am aufbau der späteren design schule in chicago beteiligt war, nicht nur aktiv als arbeits- und lehrkraft sondern auch als inspirative moralische stütze ihres mannes).

1933 – 1936:  verlässt moholy-nagy das nationalsozialistische deutschland und emigriert über holland nach england. während dieser zeit arbeitet er im graphischen gewerbe und entwirft freiberuflich ausstellungsstände und einen zukunftsfilmdekor. gleichzeitig erscheinen drei bände mit dokumentarphotos von ihm. seine kinetischen experimente finden ihre fortsetzung in den “space modulators”, die den übergang vom statischen zum kinetischen objekt bilden.

1937 – 1946:  auf vorschlag von w. gropius wird moholy-nagy als direktor an das new bauhaus in chicago berufen, das später in die school of design und institute of design übergeht. gleichzeitig arbeitet lazlo moholy-nagy als künstlerischer berater und freier designer für mehrere amerikanische firmen zb. parker. in seinen künstlerischen arbeiten während dieser jahre in amerika, gewinnt die “raum-zeit-beziehung” immer mehr an bedeutung. die freigesetzten energien aus der vibration von farbe, licht und raum sind einmal aus der perspektive eines forschers durch das mikroskop, einandermal aus der sicht eines fliegers dargestellt. nach 1940 entstehen die ersten dreidimensionalen spacemodulators. dies sind thermisch verformte plexiglasstreifen, die bei wechelndem betrachtungsort das licht verschiedenartig brechen und so einen bewegungseffekt hervorrufen.

1945:  erkrankt moholy-nagy an leucemie. durch die therapie stark geschwächt, widmet er sich während der letzten monate vor allem seinem theoretischen endwerk “vision in motion” – erschienen nach seinem tode – , das eine synthese seiner ideen über wahrnehmung, kunsterziehung und seiner sozialen philosophie, darstellt. er stirbt am 24. november 1946.

 

2.1.2. allgemeine standpunkte zur pädagogik

nach meinung moholy-nagy ist das wirtschaftssystem mit der zunehmenden technisierung und der damit verbundenen arbeitsteilung grund für die immer stärker werdende spezialisierung und der sozialen verarmung, die das ganzheitliche erlebnis mensch-natur-technik unmöglich macht. der sektorenhaft ausgebildete mensch ist nicht mehr fähig, die ihn betreffenden probleme in ihrer gesamtheit zu lösen. er sieht in der kunst “als indirektes erziehungsmittel, das die sinne des menschen schärft und sie gegen alle möglichen überrumplungen schützt und zwar mit intuitiver sicherheit vorbeugend für einen noch nicht eingetroffenen aber sicher erfolgenden zustand”.
moholy-nagy: von material zur architektur s. 15.

eine möglichkeit, die schäden einer technischen zivilisation zu bekämpfen. damit spricht er sich nicht für eine verdammung der technik aus, vielmehr glaubt er, dass “die technik ein organisch sich entwickelnder lebensfaktor ist”, eng verbunden mit der evolution des menschen. es kommt darauf an, die technik richtig zu nutzen, dann kann der mensch sogar durch sie befreit werden. der mensch und die befreiung seiner organischen funktion muss – wissenschaft, pädagogik, politik – wieder mittelpunkt werden und nicht die profitinteressen einer minderheit. unvereinbar mit diesen ideen wäre die meinung, dass kreatives schaffen das privileg der künstler sei, viel mehr glaubt moholy-nagy dass ein jeder begabt ist.

 

“jeder gesunde mensch hat ein tiefes vermögen, die in seinem menschsein begründeten schöpferischen energien zur entfaltung zu bringen, wenn er seine arbeit innerlich bejaht. ursprünglich ist ein jeder begabt zur aufnahme und erarbeitung von sinneserlebnissen. jeder mensch ist ton- und farbenempfindlich, tast- und raum usw. das bedeutet, dass ursprünglich ein jeder mensch aller freuden der sinneserlebnisse teilhaftig werden kann; das heisst weiter, dass jeder gesunde mensch auch aktiv musiker, maler, bildhauer, architekt usw. sein kann, wie er, wenn er spricht ein 'sprecher' ist, das heisst er kann seinen empfindungen in jedem material form geben – was nicht gleichbedeutend mit 'kunst' ist – .”

moholy-nagy: von material zur architektur s.14.

 

diese ideen bauen natürlich auf frühere pädagogische erfahrungen auf.
gemeint ist :

friedrich fröbel:  1. kindergarten – die pädagogik hat die aufgabe die kindlichen fähigkeiten zu stimmulieren und nicht zu erdrücken – akzeptierung der kinder als bestandteile der gesellschaft – gleichgestellt mit den erwachsenen.

franz czizek:  kinderklasse in seinem unterricht an der kunstakademie, “nicht unterrichten, nicht belehren, sondern sich natürlich entwickeln lassen.”

john dewey :  “lernen durch selbsttun”. er war auch später mitglied des sponsors comittees an der school of design.

heinrich jacoby:  musikerzieher, setzt sich vor allem mit der befreiung der schöpferischen kräfte des menschen durch die musik auseinander.

johannes itten:  leitet den vorkurs am bauhaus.

 

2.1.3. unterrichtsaufbau

aufbauend auf die europäische bauhauslehre war das unterrichtsprogramm den amerikanischen bedürfnissen und vorraussetzungen angepasst worden. ziel ist nicht die ausbildung von künstlern oder kunsthandwerkern im klassischen sinne, sondern von designern, die fähig sind, die bedürfnisse des menschen – gesundheit, sozialleistungen, fortbildung, liebe, freizeit ...  –  in einem maschinenzeitalter wiederzuerkennen. um dieser aufgabe gewachsen zu sein, musste die ausbildung so ganzheitlich wie möglich erfolgen und versuchen, kunst, wissenschaft und technologie zu vereinen. grade in dieser integrierung der wissenschaft im ausbildungsprogramm unterscheidet sich das neue vom alten bauhausprogramm.



“design ist kein beruf, sondern eine einstellung, die einstellung eines planers. jede universität in unserem lande ist besser ausgerüstet als wir oder harward. es ist einfach ungeheuer! und was tuen sie damit? nichts. es ist der geist der es macht. wir haben, schritt für schritt eine erziehungsmethode entwickelt, wobei die kreativen fähigkeiten und kapazitäten gefördert werden. das bedeutet eine ganzheitliche erziehung. wenn ein mensch mit seinen händen arbeitet, wird diese lebendige erfahrung zu wissen, dieses wissen wiederum wirkt sich auf sein gefühlsmässiges ich aus und stärkt so seine persönlichkeit”

(laszlo moholy-nagy-design – the attitude of the planner)
aus dem protokoll der “conference on industrial design as a new professian” 1947.

 

2.1.3.1. der vorkurs

wie im bauhaus umfasst der vorkurs die beiden ersten semester der ausbildung – gilt zugleich als probezeit – . hierin geht es vor allem um die vermittlung von material, oberflächenwirkung, plastischem volumen und von phänomenen des raumes. die basisunterrichte waren in drei kategorien aufgegliedert:

technologie
übungen mit verschiedenen materialen, bei denen das umgehen mit handwerkszeug und maschinen gelernt wurde.
“hand-sculptures”:  (betreut von hin bredendieck)
kleine holzobjekte, die angenehm in der hand liegen, sollen den tastsinn und das raumvorstellungsvermögen schulen. einige dienten sogar als formstudien für produkte.
“weight sculptures”:  (betreut von andi schiltz) ist die fortsetzung der “hand sculptures”. die schüler sollen zwei handobjekte entwerfen, die sich in form, struktur und gewicht unterscheiden, jedoch optisch gleich schwer wirken sollen.
“tactile structure”:  anfertigung von objekten mit den verschiedensten tasterlebnissen, durch verschiede strukturen und oberflächen.
“wood cuts”:  um den unterschiedlichen gebrauch von handwerkzeug und maschinen zu lernen, wurden gleiche und später verschiedene objekte einmal von hand, dann mit der maschine hergestellt.
“paper cuts”:  hier geht es darum, eine glatte fläche in eine dreidimensionale struktur umzuwandeln. zuerst in papier, arbeitete man dann in holz (plywood), metall, drahtgeflecht und kunststoff. dabei wurde auch das problem der adäquaten materialverbindung behandelt. darüberhinaus wurden noch glas, spiegel und raumübungen, sowie bewegungsstudien gemacht.

kunst
die mittel der plastischen darstellung wie photographie und rendering sind damit gemeint. bei diesen unterrichten wurden meistens die arbeiten aus den technologiekursen zur darstellung herangezogen.

science
die naturwissenschaftlichen fächer werden unter anderem von professoren der chicagoer universität betreut (charles w. morris). so wurde mathematik, physik, biologie. ... unterrichtet. im laufe der zeit wurden weitere fächer wie soziologie, wirtschaftswissenschaften und semantik ... hinzugefügt.
zu erwähnen ist auch noch der musikunterricht – der später von john cage geleitet wurde – wo nicht nur musiziert sondern auch musikinstrumente gebaut wurden.

dieser vorkurs war zwar von moholy hervorragend ausgearbeitet, zeigte sich in der ausführung jedoch problematisch, da die amerikaner das lehrlings-, gesellen- und meistersystem kaum kannten und die schüler – meistens college abgänger – sehr wenig vorkentnisse im praktischen bereich mitbrachten. bredendieck äusserte seine nicht unberechtigten zweifel am vorkurs. er bedauerte, dass die vorkursmethode nie untersucht worden ist, dass ihr wert scheinbar als selbstverständlich angesehen wurde. die studierenden – nicht alle – vergaßen das, was sie im vorkurs erfahren hatten und verfielen wieder dem konventionellen.

 

2.1.3.2. die spezialwerkstätten

nach dem einjährigen vorkurs schliesst sich eine drei-jährige ausbildung in den spezialwerkstäten an. aufbauende weiterbildung zum architekten, im fünften und sechsten schuljahr war sie als krönung der ausbildung gedacht.

der ehrlichkeit halber muss man erwähnen, dass während moholys zeit kein student von dieser möglichkeit gebrauch machte. um eine spezialisierung zu vermeiden und um die idee der integration aller künste am bau – bauhaus – voranzutreiben, stand architectural design vom 3. bis 8. semester im unterrichtsprogramm aller werkstätten. anzahl und bezeichnungen der werkstätten spiegeln deutlich den wandel der schule wider. so war am anfang noch das material – glas, metall-werkstatt ... –  später jedoch die erfordernisse der verschiedenen berufsgruppen, die sich herauskristalisierten, ordnendes element.

produkt design
light workshop – werbung – mit den untergruppen:
weberei, photographie, film, malerei, bildhauerei architektur und interieur design

produkt design
“im industrial-, produktdesignatelier stand zuerst die analyse von den möglichkeiten des design, unter berücksichtigung von funktionalen, technologische, ökonomischen und sozialen aspekten auf dem programm. später wurden versuche mit kunststoff, furnierholz, plywood – gebogenes holz – , glas, keramik und metall unternommen. neue funktionsprinzipien für viele dinge wurden untersucht, so für die möbelproduktion, haushaltsgeräte und geschirr, lampen, verkehrssignalisation, transportfahrzeuge, spielgeräte und bausätze für fertighäuser...”
moholy: vision in motion s. 86.

gute ergebnisse wurden bei möbelentwürfen aus plywood, alleine oder in verbindung mit anderen materialien erzielt. hierbei wurden auch materialspezifische verbindungen für plywood untersucht. bei den arbeiten wurde der sich stark ausbreitenden kunststofftechnolgie rechnung getragen. gerade weil sich hier gestalterisches neuland öffnete, das nicht so vorbelastet war, wie objekte aus den ehrwürdigen handwerksberufen.

lightworkshop

 

“in der lichtwerkstatt arbeitet man an einer vollständigen neubewertung der visuellen ausdruckselemente, dies mit blickrichtung auf die werbekunst. versuche wurden unternommen in photographie, film und ausstellungsständen, dabei ging es vor allem um die einsatzmöglichkeit des lichts – auch des farbigen lichts – bei ausstellungen. im malereiworkshop lernten die studenten die physikalischen eigenschaften und chemischen reaktionen der farbe, mittel und wege der verbindung von farbpigmenten mit den verschiedenen bindern und ihre anwendung kennen. im unterricht wurde mit allen maltechniken, untergrundbehandlungen, außen- und innenfresco und dreidemensionalen farbproblemen experimentiert. ziel war die beherrschung der farbe in jeder umgebung, in verbindung mit gleich welchem gegenstand. im textil- und webeworkshop entstehen eine vielzahl von texilien auf webstuhl und webrahmen. theorie und praxis dieser beiden webtechniken, sowie das lesen und herstellen von modellzeichnungen umfassender unterricht. viele neue materialen, besonders kunststoffe, werden verarbeitet. auch entstehen entwürfe für bedruckte textilien, die vorwiegend im seidendruck angefertigt werden.”

moholy: vision in motion s. 112.

 

die bildhauerabteilung war stark von der persönlichkeit alexander archipenkos geprägt. eine der übungen bestand darin, die negativform – “negativvolumen” – eines gipsabdruckes mit einem drahtgeflecht in der art auszufüllen, dass diese lineare drahtstruktur das “loch” definiert. dieses drahtgeflecht konnte ausgangspunkt zu neuen skulpturen sein. der unterricht in der photoabteilung, geleitet von smith, kepes, learner und moholy, zielte auf die systematische vermittlung aller technischen wie ästhetischen möglichkeiten der photographie. das programm umfasste studien mit papier, textilien, zellophan und anderen transparenten materialien, techniken der mehrfachbelichtung, negativbelichtung und solarisation, einflüsse von prismen und gekrümmten spiegeln, arbeiten mit den verschiedensten lichtquellen und die untersuchung von “lichtvolumen” – die im messen der entfernung eines objektes von einer lichtquelle in funktion seiner grösse und helligkeit besteht – . das photoatelier diente auch den cinematographischen versuchen die von moholy geleitet wurden und unter dessen regie 1943 ein farbfilm über die arbeiten der verschiedenen workshops gedreht wurde.

architektur
die architekturabteilung wurde geleitet von keck, tague und moholy. durch die enge zusammenarbeit mit den übrigen ateliers wurden die designstudenten mit den problemen der architektur vertraut gemacht, dies war wichtig da viele ihrer entwürfe in engem zusammenhang mit dieser standen, andererseits wurde den architekturstudenten die erfordernisse einer industriellen produktion vor augen geführt, was dem design wichtige impulse für die produktion von fertighäusern gab.

im vordergrund der architekturausbildung stand das problem des wohnens und die verwendung von neuen materialien  –  stahl, beton, aluminium, plexiglas – und techniken die wiederum ganz neue raumlösungen  – offene strukturen – ermöglichten. unter dem sozialen aspekt beim bauen verstand moholy einerseits die berücksichtigung des mobilen charakters unserer gesellschaft  – das “mitwachsende haus”, der entwurf eines eisenbahnabteils –  und das bedürfnis nach schnell und preiswert zu errichtenden wohnungen  – fertighäuser – .

der unterricht begann mit experimentellen zeichenübungen unter verwendung von zirkel und lineal, die den studierenden einerseits auf die geometrischen projektionstechniken vorbereiteten, andererseits ihnen deren grenzen zeigten. die projektionstechniken wurden praktisch anhand eines von studenten zu entwerfenden “space modulators” erlernt. dieser “space modulator” war eine raumstruktur, ähnlich einem stark vereinfachten gebäude. erst nach diesen vorübungen wurde die erste architekturaufgabe in angriff genommen. es galt ein “primitivhaus” zu entwerfen, dass an einem von den studenten frei gewählten punkt der erde stehen sollte und die dort vorhandenen materialien und lebensbedingungen berücksichtigen musste. hierbei ging es vor allem darum, dass sich der studierende freimachte von eingefahrenem material, konstruktions- und raumvorstellungen. es kam zu ganz individuellen lösungen: von stein-, holz- und bambushütten bis hin zur verwendung eines walfischskelettes als trägerstruktur eines hauses am nordpol. nach beendigung dieser übung, schloss sich eine vergleichende untersuchung der eigenen lösung mit herkömmlichen materialien an. dies schaffte den nahtlosen übergang zum entwurf zeitgenössischer wohnungen, unter berücksichtigung des menschen, in der gesamtheit seiner bedürfnisse.

die zusammenarbeit der verschiedenen ateliers klappte vorzüglich. so lieferte das textilatelier zum beispiel die überzüge zu stühlen und sesseln des produktdesignworkshops; oder die verschiedenen werkstätten arbeiteten gemeinsam an einem industrieauftrag, wie dem entwurf einer ladeneinrichtung eines modegeschäftes oder der kompletten einrichtung – möbel, textilien, lampen – eines modellapartements für ein warenhaus.

 

2.1.4. kriegsbedingte unterrichtsanpassung

nach dem amerikanischen kriegseintritt musste das programm mehr und mehr den kriegswirtschaftlichen notwendigkeiten angepasst werden. das material, insbesondere metall wurde knapp und die formale produktgestaltung trat hinter anderen aktuelleren aufgaben zurück. um die schule auch in dieser zeit nützlich zu machen und um sie über diese zeit hinwegzuretten, entwickelte moholy eine geniale konzeption, bestehend aus drei arbeitsgruppen.

1. zum problem der tarnung kleiner und grosser objekte insbesondere gegen fliegersicht konnte mit hilfe der analyse der visuellen elemente und der psychologie, der licht und farbwahrnehmung, praktisch auswertbare beiträge geleistet werden. moholy selbst arbeitetete in amtlichem auftrag ein tarnungsschema für chicago aus.

2. zur frage des ersatzes von metall durch holz konnte die “school of design” dank ihrer subtilen materialstudien industriell verwertbare vorschläge ausarbeiten. beispielsweise entwickelten studenten matratzensprungfedern aus verleimten holzteilen.

3. die auf die selbstständige bildnerische erfahrung ausgerichtete methode des vorkurses und der werkstätten konnte eine höchst sinnvolle arbeitstherapie für versehrte sein und zwar nicht nur für opfer des krieges sondern, wie moholy nachdrücklich betonte auch der industriearbeit.

 

2.1.5. über das unterrichtsprogramm hinausgehende aktivitäten

um den studenten eine so umfassende information über geistige und künstlerische strömungen der zeit zu vermitteln, wurden nach alter bauhaustradition bedeutende vertreter der verschiedensten geistigen disziplinen – die manchmal im gegensatz zur bauhausideologie standen – zu gastvorträgen eingeladen. unter ihnen waren zb. alvar aalto, buckminster fuller, henry-russel hitchcock, ferdnand leger und man ray. so organisierte moholy auch zwei grosse ausstellungen am new bauhaus, die erste mit werken von calder, gabo, nicholson, hepworth, moore und moholy selbst, die zweite eine auswahl von photographien, die schon im museum of modern art in new york gezeigt worden waren. darüber hinaus wurden regelmäßig schüler- und professorenarbeiten ausgestellt. über den normalen unterricht hinaus fanden abendkurse, kinderklassen und ferienseminare – vorwiegend im freien – statt. diese ausweitung war ganz im sinne der pädagogisch sittlichen ziele des new bauhauses – jeder ist begabt – , stellte aber auch eine bedeutende finanzielle unterstützung dar. das programm der abendschule war bemerkenswert vielseitig und mehr als das reguläre studium auf praktische zwecke abgestimmt.

 

2.1.6. herausragende lehrerpersönlichkeiten

george kepes

früher assistent moholys in england und wie er ungar, leitete am new bauhaus die fachabteilung für licht und farben, wo er sich vor allem mit dem phänomen des lichts und der photographie beschäftigte. aus der reihe seiner schüler ragen grosse talente wie der photograph und produktdesigner nathan learner hervor. nach zwischenstationen in denton (texas) und new york hatte kepes seine arbeit seit der mitte der vierziger jahre am massachusetts institute of technologie in cambridge fortgesetzt. dort gründete er das center for advanced visual studies, das sich mit gemeinschaftsprojekten wie environmentgestaltung in wissenschaftlicher zusammenarbeit mit der universität beschäftigte. das bekannteste mitglied des centers war otto piene. zu beginn der siebziger jahre organisierte kepes eine reihe architektonischer und urbanistischer objekte. die in diesen jahren vollbrachte künstlerische und erzieherische arbeit von kepes resultiert in seinem buch “language of vision” – sprache des sehens –  , dem später noch weitere publikationen folgten. hierin ging es um das erlernen einer neuen sehweise, die unsere überkommene bewertung von wahrnehmungsprozessen über den haufen wirft – unsere bequeme sicherheit zerstört – . das buch ist eine analyse der verschiedenen grössen, die das erlebnis der visuellen phänomene beeinflussen und ihre einsatzmöglichkeiten in der gestaltung. die wissenschaftliche auseinandersetzung mit einem bisher unbekannten aspekt der kunst, spiegelte das gesamte bemühen der schule an der integration von kunst, wissenschaft und technik wieder.

 

“heute haben künstler neue aufgaben zu erfüllen, wenn die sprache des sehens einfluss auf die neuformung unseres lebens nehmen soll. sie müssen die gesetze der bildnerischen ordnung erlernen und anwenden, um ihre werke wieder auf einer gesunden basis zu errichten.
sie müssen sich mit der raumerfahrung unserer zeit auseinandersetzen, um eine visuelle darstellung heutiger raum-zeit-ereignisse zu schaffen. schliesslich müssen sie alle reserven schöpferischer phantasie freisetzen und dynamische ausdrucksformen, das heisst eine moderne, dynamische ikonographie entwickeln.”

g. kepes, sprache des sehens s. 130

 

george fred keck

keck leitete die architekturklasse an moholys schule von beginn des new bauhauses. während des krieges gab er seine lehrtätigkeit auf, um sich wieder seinen bauaufgaben zuzuwenden. in der architektur trat er vor allem für die verwendung von techniken und materialien ein, die bisher nur im ingenieurbereich vorkamen. er wird zu den vertretern eines internationalisierten stiles in der architektur gezählt – mit diesem begriff wird fälschlicherweise die architektur nach dem bauhaus, dessen ideen sich in vielen ländern verbreiten, zusammengefasst – . die konzeption des architekturunterrichts am new bauhaus, die bewusst primitiv ansetzt, um die fundamentalen aufgaben der architektur unvorbelastet weiterzuentwickeln, stammt im wesentlichen von ihm.

 

“eine der herrausragenden eigenschaften des amerikaners ist sein erfindergeist, dies traditionsgemäss vor allem in der entwicklung von neuen maschinen und techniken. um nur einige zu nennen, flughäfen, kampfschiffe, wolkenkratzer, getreidespeicher, automobile, elektrizität, brücken, scheunen, radio und fabriken. nun muss er das problem des wohnen für ihn und seine familie aus dem gleichen blickpunkt heraus versuchen zu lösen. sein haus ist innen mit den errungenschaften der modernen technik ausgestattet, elektrizität, wasser und heizung. außer in experimenteller weise, ist die äußere schale des hauses von der mechanisierung noch unberührt. aus unerklärlichen gründen scheut er sich, die traditionelle hauskonstruktion zu verändern. aber gerade hierin liegt der nächste schritt zu einer neuen architektur des wohnhauses.”

aus der zeitschrift “shelter” märz 1938

 

2.2. serge chermayeff (1947 – 1951)

serge chermayeff in russland geboren (8. 10. 1900) und in england aufgewachsen, arbeitete dort nach beendigung seines studiums, gemeinsam mit erich mendelsohn als freiberuflicher architekt (1933 – 1936). am beginn des zweiten weltkrieges übersiedelte er in die usa. nach dem er von 1942 an am brooklyn college (new york) gelehrt hatte, übernahm er im januar 1947 als nachfolger von moholy-nagy die leitung des institute of design in chicago. nach der trennung vom institute of design (1951) lehrte er an mehreren grossen universitäten in den staaten. zuletzt an der yale universität in new haven – connecticut – wo er seither lebt. chermayeff trat nicht nur als profilierter architekt, sondern auch als maler und textilentwerfer hervor. seine vorstellung der architektur fasst er in dem buch “gemeinschaft und privatbereich am neuen bauen” zusammen – gemeinsam mit christopher alexander – . hier weisst er auf die zunehmende gefahr der umweltzerstörung durch die einflüsse der massenkultur hin. chermayeff wendet sich einem teilaspekt des problems zu, dem des individuellen wohnens in der großstadt, was zu den bekannten vorstadtfriedhöfen führte. er entwickelt überschaubare siedlungseinheiten, die sowohl das wohnen in der familie – als intaktes und erneuerndes element der gesellschaft – ermöglichen aber auch die sozialen – gemeinschaftseinrichtungen – und ökologischen gesichtspunkte – zerstörung der natur durch zersiedlung – des wohnens in der gemeinschaft berücksichtigen. was ihn vor allem bei der wohnbauplanung beschäftigt, sind die verbindenden beziehungsweise trennenden nebenräume im haus, – “schleusen” – , die unerwartet zu entwurfsbestimmenden grundelementen der architektur werden.

 

2.2.1. änderungen im unterrichtsaufbau

zur zeit chermayeffs wurde der vorkurs in der von lazlo moholy-nagy vorgezeichneten richtung weiter ausgebaut und auf drei semester verlängert. die anzahl der spezialwerkstätten wurde von drei auf fünf erweitert, was einer stärkeren trennung der verschiedenen berufsbilder entsprach.

studio
produktdesign
visualdesign (zeitweise visual communication)
photografie (inclusive film)
architektur

das letzte jahr der ausbildung sollte vor allem der zusammenarbeit der verschiedenen werkstätten dienen, was in interdisziplinären projekten erreicht wurde. nach dem stadion des kühnen experiments, dessen voraussetzung die vitalität moholys gewesen war, schloss sich nach seinem tod eine phase der konsolidierung – jedoch ohne stagnation – , die die gründlichkeit der arbeiten betonte, an.

architektur


architektur wird als kolaborative und soziale aufgabe verstanden, womit einerseits die integration funktionaler aspekte – technik und wissenschaft – in eine expressive und koherente form gemeint ist, andererseits die berücksichtigung sozialer und menschlicher bedürfnisse in der planung. dieser kolaborationsgedanke drückte sich auch im lehrplan aus, wo das 7. und 8. semester der zusammenarbeit mit dem produkt-design, zur entwicklung industriell gefertigter bauelemente vorbehalten war. besondere aufmerksamkeit verdient auch die arbeit konrad wachsmanns, der als leiter des “advanced building research” nach möglichkeiten optimaler und gegebenenfalls auch maximal grosse räume zu schaffen sucht, die eine beliebige, je nach zweck veränderliche untergliederung erlaubten. 1951 entwickelte er mit seinen studenten einen aufsehenerregenden flugzeug-hangar für die united states air force. mehr und mehr gab die arbeit der architekten dem institut of design einen markanten neuen akzent.

produkt design


das ausbildungsprogramm wurde stärker auf die anforderungen der industrie an die designer ausgerichtet. nach dem grundausbildungsjahr kam es im 3. semester zur ersten kontaktaufnahme mit praktischen designproblemen. daraus schloss sich der entwurf verschiedener objekte aus holz, metall und kunststoff an (4. – 6. semester). im laufe seiner ausbildung wurde der student mit industriellen produktionsmethoden, darstellungstechniken, materialberechnungen und berufspraxis vertraut gemacht, was er im letzten jahr bei untersuchungen und designprojekten in kooperation mit der industrie vertiefen konnte. der schwerpunkt des studiums lag in der ausarbeitung neuer methoden und ideen im produkt design zur schaffung des bedürfnisses nach hochwertigen produkten und zur optimalen ausnutzung unserer ressourcen.

visual design


die arbeit der abteilung ist ausgerichtet auf die beherrschung aller mittel zur visuellen kommunikation notwendigen mittel – zwei- und dreidimensional – , mit betonung auf druck-, werbe- und ausstellungskunst. aufbauend auf den vorkurs, in dem die grundbegriffe der visuellen gestaltung vermittelt werden, unterscheidet man im unterricht vom 4.– 6. semester zwischen zwei aufgabengruppen. wo einmal die technische beherrschung der medien schrift, druck und darstellungstechnik betont wird und andererseits der freie schöpferische umgang mit ihnen im vordergrund steht. gearbeitet wurde mit den modernsten drucktechniken, aber auch auf das gründliche erlernen von handgezeichneten buchstaben und bleisatz wurde grössten wert gelegt. im 7. und 8. semester wurden professionelle produktionsmethoden anhand von arbeiten, die vom layout bis hin zum probedruck reichten, praxisnah gelernt. zusätzlich zu diesen zweidimensionalen aufgaben wurde in zusammenarbeit mit anderen abteilungen dreidimensionale projekte wie verpackung und ausstellungsstände verwirklicht.

photografie und film


licht als eigenständiges medium, verlangt durch seine qualitäten und eigenschaften auch nach eigenen gestaltungsregeln. dies in verbindung mit den graphischen medien zu erlernen, ist das ziel dieser abteilung. bei arbeiten mit dem medium film wird die einzigartige verbindung von ton und bild zu einem erlebnis betont. neben den schwarz-weiss fotographien experimentiert man auch mit farbaufnahmen, wo durch gezielte entwicklungsprozesse ganz neue farbspiele möglich werden. wie in den anderen abteilungen dient das letzte jahr interdisziplinären arbeiten, wie das erstellen von photomaterial für bücher und ausstellungen.

 

2.3. crombie taylor (1951 – 1955)

da man sich nach dem ausscheiden chermayeffs nicht über die berufung eines neuen direktors einigen konnte, übernahm crombie taylor während dieser zeit (1951 – 1955) das amt. er war an das “institute of design” schon von moholy berufen worden, wo er seither in der architekturabteilung unterrichtete und als enger mitarbeiter chermayeffs die aufgabe des schatzmeisters ausgefüllt hatte. die konflikte zwischen den rivalisierenden interessengruppen, die über die wahl des direktors zu bestimmen hatten, beeinträchtigten die funktionsfähigkeit der schule stark. der konflikt erlebte 1955 seinen höhepunkt in dem von den lehren des institute of design verfassten manifest, gerichtet an den präsidenten des illinois institute of technologie – schon vor der amtszeit von taylor geht das institute of design in das illinois institute of technologie über – . sie sahen das erbe moholy’s durch die berufung von j. doblin zum direktor gefährdet.

jedoch gab es auch lichtpunkte. so erreichte die architekturabteilung ihren höhepunkt. alle hilfsmittel der technik, der kommunikationstheorie und der soziologie wurden genutzt, die neuesten konstruktionsverfahren wurden untersucht, eigene wurden entwickelt. wachsmanns “strukturen” wurden zum teil in aller welt angewandt, und das building research wurde zu einem begriff. im ganzen gesehen schloss sich das unterrichtsprogramm der zeit taylor dicht dem der ära chermayeff an. in der fakultät lebte moholys geisteshaltung, fast alle ihre mitglieder hatten mit ihm noch selbst kontakt gehabt und wirkten in seinem sinne. eine wichtige erweiterung des lehrprogramms nahm taylor mit einführung der kunsterziehung – art education – vor. von grosser bedeutung für die schulgemeinschaft waren die veranstaltungen der offenen tür, wo lehrer und schüler in gemeinsamer arbeit den besuchern – mehrere tausend – die projekte und arbeitsmethoden der verschiedenen abteilungen zeigten.

 

2.3.1. einführung der kunsterziehung

auf die erfolge des “institute of design” hin setzte vielerorts eine oberflächliche nachahmung seiner formalen mittel ein. es entstand durchaus im widerspruch zu seiner intention so etwas wie ein “institute of design-stil”, vergleichbar dem sogenannten “bauhausstil”. die missdeutungen der prinzipien des institute of design hatten ihre ursache in der anwendung vereinzelter unterrichtsmethoden an anderen schulen (vor allem vorkurs), die herausgelöst aus der gesamtheit der konzeption ihren pädagogischen sinn verfehlten und nur auf effekthascherei ausgerichtet waren. daher erschien es wichtig, junge kunsterzieher mit den leitideen und methoden des “institute of design” vertraut zu machen. kunsterzieher auszubilden erschien als der geeignete weg, die grundlegenden, authentischen ideen des institutes zu verbreiten. die abteilung wurde von dem historiker peter selz und später von dem maler richard koppe geleitet. die unterrichte wurden grösstenteils von institutseigenen lehrkräften betreut, die für diese zwecke lehrinhalte und methoden entwickelten. das programm war sehr vielseitig und ergab fast einen querschnitt aller abteilungen.

“das ziel der kunsterziehungsabteilung ist es nicht, je nach modetrend spezialisten für lederarbeiten, töpfern oder emaillieren auszubilden. vielmehr sehen wir das ziel in der erziehung zum kreativen denken hin, das auf jede kommende kunsterziehungsmethode anwendbar ist. gleichzeitig glauben wir, dass jemand der den kreativen prozess selbst erfahren hat, ein verständnisvollerer lehrer sein kann.”

aus der zeitschrift “school arts”

 

2.4. jay doblin (1955 – 1969)

bevor jay doblin zum direkter des institute of design berufen wurde – gegen den widerstand der moholytreuen lehrer – , war er 11 jahre als designer bei raymond loewy tätig. sein studium schloss er am pratt institute ab, wo er während drei jahren die abendschule für industrialdesign leitete. während seiner amtszeit wurde die architekturabteilung – shelter design – bedingt durch die fusion mit dem illinois institute of technologie zwangsläufig aufgegeben. das institute of design umfasste nun noch vier abteilungen: produktdesign, visualdesign, photographie und kunsterziehung. in diesen disziplinen konnte nun der masterdegree verliehen werden, was neben der finanziellen konsolidierung und der verbesserung der wissenschaftlich-technischen ausbildung der anreiz für die zusammenarbeit mit dem illinois institute of technologie gewesen war. trotz aller verschiedenartigkeiten des temperaments und der arbeitsmethode bekannte sich auch jay doblin zu dem von moholy statuierten grundsatz einer ausbildung auf breiter basis und zu einem sozialen ethischen prinzip. jay doblin achtete vor allem auf die praxisnähe der ausbildung und arbeiten; das nicht zuletzt weil er aus eigener erfahrung wusste, dass ein großer bedarf an qualifizierten designern in der industrie besteht. in der folgezeit wurde das unterrichtsprogramm weiter vervollkommnet.

30 jahre liegt nun die gründung des bauhauses zurück. der zweck der designerausbildung im bauhaus initiert und weit gefasst, wird nun nüchtern, eng begrenzt und praxisorientiert gesehen. die begeisterung und wagemutige phantasie von einst weicht teilweise der solidität und dauerhaftigkeit. unter doblin wird der lehrerstoff, entsprechend den plänen und zielen stark verjüngt. es lehren kaum noch professoren die direkten kontakt zu moholy oder dem deutschen bauhaus gehabt haben. viele alte lehrer verließen aus meinungsverschiedenheit mit jay doblin die schule.

 

2.5. mies van der rohe

das leitmotiv für mies van der rohe war, dass man keine hoffnung braucht, um anzufangen und keinen erfolg, um auszuharren. ferner war er der ansicht, wo technik ihre erfüllung findet, wird sie architektur.

mies, wie sein richtiger geburtsname lautete, war das kind “einfacher leute”. sein interesse an kulturellen fragen wurde durch die zeitschrift “die zukunft” geweckt. sein vater, ein steinmetz hatte nie viel von literatur gehalten, denn er war der ansicht, dass eine solide ausbildung viel wichtiger sei.

während des 2. weltkrieges verließ mies van der rohe deutschland, wo er seine familie, zu der er sowieso keinen großartigen bezug gefunden hatte, denn er war ohnehin kein guter vater, einfach zurückließ. nach seiner ausreise hatte er auch erst englisch gelernt und verstand es, sich gewandt und humorvoll in dieser sprache zu unterhalten. man hatte ihm nachgesagt, dass er wie ein aristrokatischer junggeselle, der viel zeit und das alleine sein für seine kreativität und philosophie brauchte, lebte.

über mies unterrichtsmethode als leiter der architekturabteilung, sowie die zusammenstellung der fächer und dessen aufbau liegen leider keine genauen angaben vor.

als schöpferische persönlichkeit übte er jedoch aufgrund seiner starken ausstrahlungskraft einen nicht geringen einfluss auf die studenten und deren arbeiten aus. er war für sie ein vorbild und wehrte sich auch nicht dagegen, wenn sich seine werke und erfahrungen in den arbeiten der studenten niederschlugen. für seine arbeiten als architekt brachte ihm der unterricht nichts neues, wohl aber als lehrende person.

durch peter behrens hatte er sich einen sinn für großzügige bauten und formen, durch die bauten von hendrick berlage einen für eine gesunde konstruktion und durch wessel einen sinn für proportionen und details erworben.

seinen schöpferischen höhepunkt erreichte mies van der rohe erst nach seiner emigration in die usa. dieses kristallisierte sich schon bei seinem ersten projekt für das iit heraus, wo er sich einem asketischen, kubischen formalismus zuwandte. die charakteristischen stahl -und glasdetails benutzte er nun in strenger und nüchterner form und vermied die leichtigkeit und die räumliche bewegung, die für ihn früher typisch waren. durch konsequente weiterentwicklung hatte er seinen stil geschaffen, dem rückgriffe auf historische epochen zugrunde lagen, der äußerlich konventionell wirkte, aber vielseitig verwendbar war. der klassische einfluss wird an den gebäuden des iit, welches einem strengen statischen rastersystem zu grunde liegen, sichtbar und der eine orientierungslinie für spätere bauten darstellte.

mies zählte dadurch auch zu den extremsten und poetischen vertretern, die absolutes in dem abstrakten nicht auf das bauprogramm bezogene verfahren erreichten. seine späteren bauten fundierten auf sein ordnungsprinzip und beinhalteten varianten von strukturen, formen oder farben. er hatte sich, soweit es ihm die technologie ermöglichte, in seinen details einem wichtigen gesichtspunkt des attisch-dorischen stils genähert, was aber nie zu einer gleichförmigkeit oder einer sterilen perfektion geführt hat.

die crown hall ist das größte und anspruchvollste gebäude des iit komplexes. das regelmäßige, symmetrische und in der außenform schlicht wirkende gebäude hat einen freien ununterbrochenen innenraum, was durch vier starke stahlträger, an denen die dachplatte auf gehängt ist, ermöglicht wird. somit ist es ein funktionsbetontes gebäude, das 10.000 studenten platz bietet. zu den gebäuden bilden grünflächen einen lebendigen kontrast. mies hatte jedoch keine gelegenheit gehabt, diesen campus jemals nach seinen eigenen vorstellungen verwirklichen zu können.

für das seagram building in new york hatte er zu nächst keine baugenehmigung erhalten, weil er keinen akademischen abschluss vorweisen konnte, deshalb suchte er sich einen partner mit dem er dieses vorhaben realisieren konnte. in philip johnson fand er den geeigneten partner. für die gebäudeverkleidung wurde bronze verwandt – dieses material musste sich vorher durch beständigkeitsproben z.b. künstliche hurrican bewähren – und als fensterscheiben wurde lichtschutzglas verwandt. – zur durchführung der bauarbeiten wurden damals indianer eingesetzt, die man für besonders geeignet hielt. – hier muss kritik angebracht werden, denn für dieserlei “ungeliebte arbeit” wurden in der regel sowieso leute eingestellt, die nur zwei alternativen hatten: entweder verhungern, oder abstürzen – .

mies van der rohe errichtete seine bauten sowieso nur unter einsatz der edelsten baustoffe, was bei dem farnsworthhaus in plano sichtbar wurde.

bei seinem letzten bauwerk, die nationalgalerie (berlin) waren neue bauverfahren erforderlich. die räumlichkeiten waren in einem ausstellungs-, und museumsbereich unterteilt. er war der meinung, dass ein museum die kunst nicht begraben, sondern freigeben soll.

obwohl mies van der rohe selbst die kühnsten bauten erstellt hatte, so wohnte er recht bescheiden. seine letzten jahre verbrachte er im rollstuhl. er starb 1969, im gleichen jahr wie auch walter gropius, der im gegensatz zu mies immer versucht war, in sentimentalerweise die stilelemente seines frühwerkes zu erhalten.

 

2.6. ludwig hilbersheimer

ludwig hilbersheimer war in der crownhall leiter der abteilung stadt- und regionalplanung. er war ein enger mitarbeiter von mies van der rohe.

hilbersheimer beschäftigte sich hauptsächlich mit der weiterführung seiner veröffentlichungen und untersuchungen zum thema großstadt, mit denen er seinen ruf als kühnen programmatiker des modernen städtehaus begründet hatte.

teilweise gingen seine vorstellungen für eine zukünftige großstadt mit denen le courbusiers konform. er wollte die kommunikationsfähigkeit des bewohners mit der natur, die spezifischen nutzungsebenen einer stadt sollten sorgsam voneinander getrennt werden, d.h. fußgänger auf der mittleren ebene, die wohntrakte auf der oberen und die fahrzeuge auf der unteren ebene. die hauptaufgabe des planers sah hilbersheimer darin, einer verslummung entgegenzuwirken. siedlungen wurden von ihm nur dort eingeordnet, wo diese struktur erforderlich war, z.b. randgebiete oder nicht städtische zonen. ludwig hilbersheimer starb 1967.

 

 

3. der entwicklungsverlauf und die verbreitung des “bauhäuslerischen gedankengutes”

das “new bauhaus” und die nachfolgeinstitutionen waren unter moholys geisteshaltung eine freie, risikoreiche und dem experiment gegenüber aufgeschlossene einrichtung, was wohl auch mit der person des direktors verbunden war, der sich von gewichtigen geldgebern nicht abhängig machte und auch in schwierigen zeiten an seiner sache glaubte.

im laufe der zeit setzte auch zwangsläufig ein verwissenschaftlichungsprozess ein, der sich in mancher hinsicht negativ auf die ausbildung der studenten auswirkte.

nach moholys und chermayeffs ausscheiden drängt sich einem außerdem der eindruck auf, dass das institute of design immer mehr zu einer angepassten, sich letztlich in der “crown-hall” unterordnenden institution entwickelt hat, was vielleicht daraus resultierte, dass der direktor jay doblin im verstärkten maße mit der industrie korrespondierte und die lehrziele im verstärktem maße an die industrie anpasste. die arbeitsergebnisse waren nicht mehr vorwiegend durch den kreativitätsprozess und den intellekt der studierenden zustande gekommen, sondern bildeten ein konglomerat aus industrieller vorstellung, einfluss des dozenten und vielleicht durch die frustration der studierenden.

im positiven sinne wirkte sich auf jeden fall die “bauhausideologie” auf die gestalterische praxis und auch besonders auf die kunstpädagogik aus.

einige der heute in italien beheimateten industrial designer wie z.b. edgar bartolucci, der mit jack waldheim den einklappbaren sessel “barwa” entworfen hat, lassen ihre gedankliche herkunft in ihren produkten sichtbar werden. charles niedrighaus entwarf für die stuhlfirma knoll sitzmöbel.

der in aspen lebende herbert bayer arbeitete vorwiegend freischaffend auf dem sektor der werbegrafik. er trug außerdem zur bildnerischen ausgestaltung der harvarduni bei. marcel breuer wirkte als architekt in new york und paris. er hatte schwerpunktmäßig wohn- und zweckbauten errichtet. mit seinen partnern nervi und zehfuß erstellte breuer das hauptgebäude der unesco.

durch gastvorlesungen in der ganzen welt trug josef albers beispielhaft an der verbreitung des gedankengutes vom bauhaus bei. er lebte in new haven und widmete sich hauptsächlich der malerei und systematischen farbuntersuchungen. albers war außerdem mitglied der pariser gruppe “abstraktion creation”.

nicht nur die skulptomalereien und kinetischen objekte von archipenko bewiesen, dass sich gerade auf dem gebiet der malerei das bauhäuslerische gedankengut niedergeschlagen hatte, sondern dieses wurde gerade an einer vielzahl von aktuellen arbeiten anderer amerikanischer maler deutlich.

zu beginn der sechziger jahre gingen die bauhauseinflüsse auch in ländern, die davon früher nicht berührt worden waren, was sogar von deutschland aus durch roman clemens, der in dessau studiert hatte, aufgrund eines staatlichen auftrages, nämlich die erstellung einer sogenannten wanderschau, forciert wurde – von italien bis zum fernen osten – .

australische museen übernahmen eine gropisausstellung und im südlichen afrika sowie südamerika bot eine von ludwig grote zusammengestellte kollektion von bauhausmalern die gelegenheit einer auseinandersetzung.

starke resonanz fand das bauhaus auch in japan, weil sich der bauhausstil teilweise mit der japanischen tradition deckte.

in deutschland hat die bauhauslehre nach dem krieg in den meisten kunstschulen – besonders der vorkurs – ihren niederschlag gefunden. vor allem an der hochschule für bildende künste in berlin, akademie in hamburg, sowie kassel und vor allem an der hochschule für gestaltung in ulm.

die städel -und kunstgewerbeschule in frankfurt hatte sich bereits 1923 an der weimarer institution orientiert.

durch eine von gropius gestiftete dokumentation von bauhausunterlagen wurde der grundstock zum archiv in berlin gelegt. das wissenschaftliche arbeiten dieses instituts schloss auch verwandte kulturelle einrichtungen mit ein.

   

 

di copyright by gerda m. neumann

 

 

home_
inhalt_
archiv_
kontakt_
entfernung_ seite 01 | 02  
bauhaus_ seite 03 | 04